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Hirschfelder-GedenkenHirschfelder-SymposiumHirschfelder-Symposium in Glatz mit der Leiterin des Hirschfelder-Hauses, Elisabeth Kynast, dem Pfarrer von Tscherbeney, Romuald Brudnowski, Großdechant Franz Jung, Bischof Ignaz Dec und Professor Goeke (v. l.) Versöhnungstage in PolenBeeindruckende Auseinandersetzung mit seligem HirschfelderGlatz/Münster. Welche gesellschaftlichen und kirchlich-religiösen Impulse können von dem aus Glatz stammenden und im Konzentrationslager Dachau gestorbenen deutschen Priester und Märtyrer Gerhard Hirschfelder ausgehen? Mit dieser Frage beschäftigte sich jetzt ein Symposion ehemaliger deutscher Bewohner der Grafschaft mit polnischen Priestern, Religionslehrern und interessierten Laien des Bistums Swidnica (Schweidnitz), zu dem heute die Grafschaft Glatz gehört. Dazu trafen sie sich im Refektorium des Franziskanerklosters in Glatz. Unter ihnen waren auch der dortige Bischof Ignaz Dec und der münstersche Visitator für die Grafschaft Glatz, Großdechant Franz Jung. Die Teilnehmer des Symposiums beschäftigten sich mit der Frage, welche gesellschaftlichen und kirchlich-religiösen Impulse von dem aus Glatz stammenden und im Konzentrationslager Dachau gestorbenen deutschen Priester und Märtyrer Gerhard Hirschfelder heute ausgehen könnten. „Verbunden in der Liebe zum Land und seiner Geschichte“Das einführende Referat hielt der Autor des im münsterschen Dialogverlag erschienenen Buchs „Gerhard Hirschfelder, Priester und Märtyrer“, Professor Hugo Goeke aus Münster. Er betonte in seinen Ausführungen: „Sollten nicht im Lande Hirschfelders menschliches Miteinander und Versöhnung darin zu finden sein, dass sich alte und neue Bewohner dem Land und seiner Geschichte verbunden fühlen? Sie sind verbunden in der Erinnerung, in der Begegnung, im Austausch und in der Gastfreundschaft. Sie sind verbunden in der Liebe zum Land und seiner Geschichte, in der Pflege des Landes und in der Bewahrung seiner Geschichte. Jeder hütet das, was nicht nur ihm, sondern was auch dem anderen wertvoll ist.“ Im September 2010 wurde Gerhard Hirschfelder in Münster selig gesprochen. Nach anfänglichem Widerstand und längerer Zurückhaltung sehen die Polen den deutschen Seligen jetzt als Brückenbauer und Versöhnungsgestalt zwischen den Völkern. Die vom Konzentrationslager ausgehändigte Asche seines Leichnams ist in einer Urne neben der Kirche in Tscherbeney (früher Grenzeck), im Grenzgebiet nahe Tschechien, beigesetzt. Das Grab ist Ziel vieler Wallfahrer aus Polen, Tschechien und Deutschland. Inzwischen wurden an den verschiedenen Wirkungsstätten und Lebensorten Gerhard Hirschfelders Gedenktafeln angebracht. Kirchliche Einrichtungen erhalten seinen Namen, und demnächst wird es in Glatz eine „Gerhard-Hirschfelder-Kirche“ geben. In einem „Gerhard-Hirschfelder-Haus“ in Tscherbeney werden viele Erinnerungsstücke an ihn aufbewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Straßenschild erinnert an HirschfelderWährend des Symposiums wurden in Glatz ein Straßenschild mit seinem Namen und eine Gedenktafel an dem Gefängnis enthüllt, in dem Gerhard Hirschfelder vier Monate hindurch ohne Verhör gefangen gehalten wurde, bis er Weihnachten 1941 in das Konzentrationslager nach Dachau überführt wurde. In eben diesem Gefängnis, in dem heute mehr als 700 Straftäter einsitzen, konnten einige Symposiumsteilnehmer mit Bischof Dec und Visitator Jung eine Aufführung in der Turnhalle des Gefängnisses besuchen. Ein polnischer Regisseur hatte ein eigens für diesen Zweck geschriebenes Theaterstück mit sieben Gefangenen eingeübt, die die Auseinandersetzung Gerhard Hirschfelders mit dem Nationalsozialismus in Texten, Liedern, Pantomimen und choreographischen Bewegungen darstellten. Ein etwas schmächtiger junger Mann verkörperte den Priester Gerhard Hirschfelder. Gefangenen spielen TheaterDer Regisseur hatte in den Gefangenen überraschende Schauspielertalente geweckt und zur Entfaltung gebracht, wie ein Teilnehmer berichtet. Beim Bedenken ihres Lebenshintergrundes, der dargebotenen Thematik und ihrer überragenden schauspielerischen Leistung lief es manchen der etwa vierzig Zuschauer demnach sprichwörtlich kalt über den Rücken. Selbst der eigens zu dieser Premiere erschienene Theaterdirektor von Breslau und der anwesende Regisseur waren von der Premiere tief beeindruckt. Nicht weniger beeindruckt waren die deutschen Teilnehmer von jugendlichen Gymnasiasten, die in ihrer Schule in Niedersteine in der Aula ein Schattenspiel über das Leben und Wirken Gerhard Hirschfelders aufführten. Im Mittelpunkt ihres Spiels stand das Wort Gerhard Hirschfelders, das letztendlich zu seiner Verhaftung führte: „Wer der Jugend den Glauben aus dem Herzen reißt, ist ein Verbrecher.“ Bischofs Dec: „Das hier ist Ihre Heimat…“Wie sehr das gegenseitige Verständnis von Polen und Deutschen zugenommen hat, kam in dem Begrüßungswort des polnischen Bischofs Ignaz Dec an die Deutschen zur Eröffnung des Symposiums zum Ausdruck: „Das hier ist Ihre Heimat…“ Wurden Zeugnisse deutscher Kultur und deutschen Brauchtums unmittelbar nach der Besiedlung durch Polen oft beseitigt, so werden diese an vielen Orten jetzt bewahrt und gepflegt. Text: hg | Foto: hg, kirchensite.de, 13.10.2011 Gerhard-Hirschfelder-Wanderwege im Glatzer BerglandSeit 2011 gibt es im Glatzer Bergland den Gerhard-Hirschfelder-Wanderweg (Szlak Błogosławionego Księdza Gerharda Hirschfeldera), der zu den wichtigsten Stationen im Leben und Wirken des seligen Kaplans führt. Markiert ist der Weg durch ein orangefarbenes lateinisches Kreuz mit dem Buchstaben H auf weißem Grund. Die Etappen haben den folgenden Verlauf:
3. Auflage der Tage des Seligen Kaplan Gerhard HirschfelderVom 20. September bis 22. September 2013 wurde in Tscherbeney der 3. Jahrestag der Seligsprechung von Kaplan Gerhard Hirschfelder gefeiert. Quelle: Ziemia Kłodzka nr. 231 / październik (Oktober) 2013 5. Jahrestag der Seligsprechung
Am 20. September 2015 wurde der 5. Jahrestag der Seligsprechung des Seligen Kaplan Gerhard Hirschfelder in der Pfarrkirche St. Bartholomäus in Tscherbeney und am Hirschfelder-Grab gefeiert. Mirosław Jarosz EIN GERHARD-HIRSCHFELDER-BEGEGNUNGSHAUSArzt der zerrissenen Herzen ROSALIA ROKITENSKY WÄRE SICHER FROH, DASS IHR LETZTER WILLE ZUR VERSÖHNUNG ZWISCHEN DREI NATIONEN BEITRÄGT.Elisabeth Kynast-Schmidt ist eine Deutsche. Sie wurde 1942 in Tscherbeney geboren. In demselben Jahr starb der seliggesprochene Kaplan Gerhard Hirschfelder. Obwohl sie ihn persönlich nie kennen gelernt hat, wurde sie von dem Märtyrer aus Dachau durch ihr ganzes Leben geführt – behauptet sie. Kaplan Hirschfelder war 1938 bei der Trauung ihrer Eltern anwesend. Der Vater von Frau Kynast hat den Sarg vorbereitet, in den die Urne mit der aus Dachau zugeschickten Asche des Kaplans kam. – Das war ein kleiner, weißer Sarg, wie für Kinder – erinnert sich Elisabeth. Man hat das so gemacht, um die Nazis irrezuführen, die so eine Beerdigung eines Priesters nicht erlaubt hätten. Viele Jahre lang wussten nur wenige davon, dass Kaplan Hirschfelder auf unserem Friedhof ruht. Zum Glück hat er jetzt einen ihm gebührenden Platz. BÖHMISCHER WINKELTscherbeney, das jetzt ein Ortsteil von Bad Kudowa ist, ist ein außergewöhnlicher Ort. Obwohl es vor dem II. Weltkrieg zu Deutschland gehörte, sprachen die meisten Einwohner tschechisch, ebenso in Schnellau, Strausdörfel und Jakubowitz. Deshalb wurde dieser Teil der Grafschaft Glatz Böhmischer Winkel genannt. Fast alle waren katholisch, obwohl ringsherum die Protestanten dominierten. ZEICHEN DES WIDERSPRUCHSKaplan Hirschfelder sprach offen davon, was er von der Zerstörung durch die Nazi-Partei der Gewissen und der menschlichen Würde hält. Es versammelten sich dadurch immer mehr Menschen um ihn. In den Jahren 1937 und 1938 hat er Wallfahrten nach Albendorf organisiert, an denen einige tausend Pilger teilgenommen haben. Für die Nazi-Partei war das zu viel. Der Kaplan erhielt weitere Warnungen und Bedrohungen von dem Nazi-Sicherheitsdienst. Die Hierarchen mussten reagieren - offiziell wurde Kaplan Hirschfelder strafrechtlich in eine andere Pfarrei versetzt. In der Praxis kam er nach Habelschwerdt, wo man ihn mit der Funktion des Jugendseelsorgers betraute, nicht einer Pfarrgemeinde, aber der ganzen Grafschaft Glatz. Als Gerhard Hirschfelder Tscherbeney verließ, folgte ihm bis nach Kudowa eine Schar der Kinder mit Tränen in den Augen. So sehr war er beliebt - erinnern sich die Zeugen. IN TRÄNENEin deutsch Priester, der den Tschechen diente und im KZ Dachau mit polnischen Priestern litt, wird heute zum Symbol der Versöhnung. – Nach dem Krieg war das Leben sehr schwer - erzählt Elisabeth. Hitler säte Hass, der uns alle zerstörte. Die ganzen Jahre wussten wir nicht, was wir tun sollen. Nach dem Krieg wurde uns gesagt, dass hier jetzt Polen ist. Wir beschlossen, hier zu bleiben, weil unsere Familie seit Jahrhunderten da lebte. Es war nicht leicht für uns. An den Bäumen hingen Aufschriften: „Siehst du einen Deutschen, töte ihn!“ Ich nehme das den Polen nicht übel, weil wir später erfahren haben, was die Nazis in Polen verbrochen haben - sagt Frau Kynast mit Tränen in den Augen. Als der Vater 1946 vom Krieg zurückkam, war er nur 7 Tage zu Hause. Er musste nach Tschechien fliehen, denn hier wäre er umgekommen. In 1946 sind viele hiesige Einwohner auf die tschechische Seite gegangen. Nach diesem kurzen Aufenthalt meines Vaters zu Hause kam dann mein Bruder zur Welt. - In den nächsten 10 Jahren konnte der Vater seinen Sohn, mich und seine Frau nur durch den Stacheldrahtverhau der Grenze sehen – endet sie schluchzend.
ZUHAUSEDie Grenze wurde teilweise erst 1956 geöffnet. Der nächste Grenzübergang war in Schnellau. Die Nachbarn von einem Hof musste einige Kilometer zurücklegen, um sich zu treffen, aber das war schon ein Fortschritt. 1958 startete das Programm der Familienzusammenführungen. Die meisten Deutschen, die zuvor das Land nicht verlassen haben, machten das jetzt. Die Familie Kynast ist dageblieben. Mitte der 60er Jahre ging Elisabeth zum Studium nach Deutschland. Dort hat sie ihren Mann kennen gelernt und ist in Deutschland geblieben. Dann holte sie ihre Eltern nach. - Oft bedauerte ich, dass wir es getan haben – erzählt sie. – Wir waren dort wie Fremde. Unser Zuhause war hier. Anfang der 90. Jahre, als man schon frei reisen durfte, fingen die ehemaligen Bewohner der Grafschaft Glatz an, ihre Heimat zu besuchen. Es waren Heimwehreisen. Manchmal trafen sie frühere Nachbarn oder Bekannte, die das Land nie verlassen haben. Eine dieser Personen war Rosalia Rokitensky. Ihr Haus stand einige zehn Meter von der Kirche in Tscherbeney. Als sie starb, stellte es sich heraus, dass sie einen Teil des Hauses der Pfarrgemeinde überschieben hat, und den zweiten – Frau Elisabeth Kynast.
Der Text erschien ursprünglich in „Świdnicki Gość Niedzielny“ nr. 38/2015 (17.09.2015), Quelle: Ziemia Kłodzka nr. 261 / kwiecień (April) 2016 |
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